Tirol?
Wo ist Tirol? - eine Spurensuche zum Jubiläumsjahr 2009
Eine Aktion der Vereine von Oberwielenbach zum Tiroler Gedenkjahr 1809 - 2009
Der Sportverein versucht dem entgegenzuwirken, indem vor allem den Kindern diese alten Spiele wieder nähergebracht werden.
Der Begriff "Freizeit" hatte bei unseren Vorfahren sicher eine etwas andere Bedeutung und Gewichtung. Aber auch sie haben sich in der damals sicher raren arbeitsfreien Zeit ihre Unterhaltungsmöglichkeiten gesucht, besonders auch die Kinder, die dabei aber nur einfachste Hilfsmittel zur Verfügung hatten. Vielleicht gerade deshalb "erfanden" sie zahlreiche und davon einige wirklich interessante Spiele. Leider drohen sie infolge des heutigen Überangebotes an Freizeitmöglichkeiten in Vergessenheit zu geraten.
Als Beitrag zum Tiroler Gedenkjahr hat sich der Sportverein zum Ziel gesetzt, diese alten Spiele wiederzubeleben und nach Möglichkeit zu dokumentieren. Wie es sich gezeigt hat, war es auch allerhöchste Zeit, weil gerade die interessantesten Spiele nur mit Mühe recherchiert werden konnten.
Unterstützt wurde der Sportverein von den Senioren der Gemeinde Percha, die ihrerseits einige Spiele zusammengetragen und Anleitungen erstellt haben. Ein besonderer Dank gilt dabei der Vorsteherin des Seniorenverbandes Frau Waltraud Pietribiasi und der Vertreterin von Oberwielenbach Frau Maria Grassl.
Am Sonntag, den 26. Juli, war es dann soweit: am Nachmittag traf sich auf Einladung des Sportvereins ein Großteil der Oberwielenbacher Bevölkerung (darunter natürlich sehr viele Kinder) am Spielplatz in der "Schottseite". Das Feld des Fußballplatzes wurde den Spielen entsprechend in verschiedene Bereiche eingeteilt und beschriftet. Auch für die Verpflegung war, wie beim Sportverein üblich, bestens gesorgt worden.
Nach der offiziellen Begrüßung und Erklärung der Veranstaltung wurden zunächst die einzelnen Spielestationen abwechselnd von Sportverein und Senioren erläutert und beispielhaft vorgeführt. Um einige zu nennen: "Weitnkegl", "Facklhutza", "Feldstehl", "Kaiser wieviel Schritte", "Öchse afn Berg", "Fadnspiele", "Templ- und Wöchnhupfn", "Fahnstelhl", "Kitztengl", "Sockhupfn", "Do Pforra von Henzing", "Blinta Nodl fochn", "Scharnschleifn", "Stelzngiohn"...
Weitere Spiele, wie "Floschnfischn" und "Korschtn" rundeten außerhalb des Platzes das Angebot ab.
Nach diesen Vorführungen ginge es dann (um im Jugendjargon zu bleiben) im wahrsten Sinne des Wortes "ab". Bis in die späten Abendstunden war mächtig viel los auf dem Spielplatz: einige Spiele, wie z.B. "Kitztengl", "Facklhutza", "Weitnkegl" oder "Feldstehl", stellten sich bald als Favoriten heraus. Interessanterweise konnten gerade einige dieser Spiele im Vorab nicht mehr genau rekonstruiert werden. Erst im Zuge der Vorstellung bzw. der ersten Ausführungen gelang es - auch mit Hilfe des Publikums - die zugehörigen Spielregeln zu vervollständigen. Schon dafür hat sich die Veranstaltung gelohnt.
Besonders motivierend für die Kinder war es, als sich im Laufe des Nachmittages schließlich immer mehr Erwachsene mit großem Engagement selber beteiligten. Erst als es Dunkel wurde lichteten sich die Reihen am Spielplatz. Und nachdem Frauen und Kinder nach Hause gegangen waren, kam den verbliebenen Männern noch die Idee den Abend mit typische Spielen wie "Strafkotze ziochn", "Buandohangl", "Kroftdruckn" oder "Fingohangl" abzurunden (hou, hou, hou). Aus gesundheitlichen Gründen werden diese Spiele nicht dokumentiert, sondern nur mündlich weitergegeben.
Insgesamt war dieser Spielenachmittag eine wirklich tolle ASV-Veranstaltung mit sehr hoher Akzeptanz von Seiten der Bevölkerung. Die späteren Rückmeldungen waren äußerst positiv. Tage danach spielten die Kinder auf dem Sportplatz "Feldstehl". Auch dafür hat sich die Durchführung dieser Aktion gelohnt und durch die Dokumentation der einzelnen Spiele, bleiben sie für die Zukunft zumindest erhalten.
Typ: Geschicklichkeit, Schnelligkeit, Reaktionsfähigkeit
Personen: 5 bis ca. 10
Material: Büchse, Holzstöcke (Länge ca. 110 cm)
Grundstellung:
Eine Person (Facklhutza-Treiber) befindet sich in der Mitte, die restlichen Spieler in einem Kreis um ihn herum. Jede Person hat vor sich eine Einbuchtung in der Erde. In der Grundstellung wird der Stock des jeweiligen Spielers darin hineingehalten (gilt auch für den Facklhutzatreiber).
Das Spiel:
Die Büchse wird innerhalb des Kreises zwischen den Spielern (auch dem Facklhutza-Treiber) mit dem Stock hin- und hergetrieben. Ziel des Facklhutza-Treibers ist es aus der Mitte rauszukommen. Dazu muss er mit dem Stock in die Einbuchtung eines Außenspielers gelangen während diese verlassen ist, also wenn der Außenspieler gerade die Büchse treibt. Dann kann er mit dieser Person die Position tauschen. Umgekehrt versuchen die Außenspieler das nicht zuzulassen.
Der Facklhutza-Treiber, der ebenfalls die Büchse treibt, versucht sie natürlich taktisch zu positionieren. Allerdings können die Außenspieler zusammenarbeiten, z.B. schlägt eine ungünstiger positionierte, aber für den Facklhutza-Treiber nicht voraussehbare Person die Büchse weiter.
Es wird erzählt, dass bei diesem Spiel früher ziemlich "dreingehaut" wurde.
Typ: Schnelligkeit, Reaktionsfähigkeit, Treffsicherheit
Personen: mindestens 5 Spieler
Material: Büchse, größerer Stein/Holzbrocken, Tennisbälle (besser Jonglierbälle)
Grundstellung:
Die Büchse (Kitz) wird auf den Stein/den Holzbrocken gestellt. Ein Spieler ist der Kitzbewacher. Die anderen Spieler (Werfer) ziehen in einem beliebigen Abstand eine Linie (10 m sollten es schon sein) und stellen sich dahinter (in der sicheren Zone) auf. Jeder dieser Spiele erhält einen Tennisball (besser wäre eine Jonglierball).
Das Spiel:
Die Spieler hinter der Linie versuchen in beliebiger Reihenfolge mit ihren Bällen das Kitz abzuschießen. Nach dem Wurf (ob getroffen oder nicht) versucht jeder Spieler sofort seinen Ball zu holen und wieder über die Grundlinie zu gelangen. Dieser Rückweg ist beim Spiel die entscheidende Situation: Der Kitzbewacher will seine Position an einen anderen Spieler übergeben, d.h. er würde zu einem Werfer und der andere zum neuen Kitzbewacher (der Ball wird übergeben). Das passiert dadurch, daß er einen anderen Spieler berührt ("opeckt") bevor dieser die sichere Zone erreicht. Allerdings sind die Werfer, die ihre Bälle holen, erst angreifbar, wenn sie ihren Spielball aufheben bzw. berühren, d.h. sie können in aller Ruhe zu ihrem geworfenen Ball hingehen, brenzlig wird es erst, wenn sie den Ball wieder zurücktragen wollen. Es kommt nun typischerweise vor, dass der Kitzbewacher versucht ein od. mehrere Werfer in Schach zu halten (siehe Bild daneben) um sie dann beim Fluchtversuch zu erwischen. Hier kommt ein weiteres entscheidendes Spielkriterium zum Zug: Die übrigen freien Spieler können ihre Werferkollegen aus dieser Situation befreien, indem sie mit einem guten Wurf das Kitz treffen. In diesem Fall muss der Kitzbewacher zunächst sofort das Kitz wieder aufstellen, erst dann kann er sich wieder um die Gegenspieler kümmern. In der Zwischenzeit werden diese allerdings längst schon geflüchtet sein. Aber die nächsten müssen ja wieder ihre Bälle holen ...
Jonglierbälle sind deshalb besser geeignet, weil sie beim Wurf nicht zu weit vom Kitz wegrollen. Wir hatten nur Tennisbälle zur Verfügung und haben deshalb das Kitz einige Meter vor dem Drahtzaun aufgestellt.
Da Spielbälle früher nicht zur Verfügung standen, wurde das Spiel mit Steinen gespielt. Davon raten wir aus Sicherheitsgründen dringend ab.
Typ: Schnelligkeit, Reaktionsfähigkeit, Taktik
Personen: ab 3 Spielern (nicht zu viele)
Material: kleines Holzstück
Grundstellung:
Mit dem Holzstück wird ein Kreis in den Sand gezeichnet. Die Größe hängt auch von der Anzahl der Spieler ab. Wie beim Kuchenschneiden wird das Feld gerecht an die teilnehmenden Spieler aufgeteilt. Jeder Spieler stellt sich in sein Feld.
(Alternativ kann auch ein rechteckiges Feld gezeichnet werden; nur für 4 Spieler geeignet.)
Das Spiel:
Ein Spieler erhält zunächst (z.B. auch mittels Los) das Holzstück. Er wirf das Holzstück nun in das Feld eines der Gegenspieler. Sobald er geworfen hat, laufen die Feldbesitzer so schnell und weit wie möglich von ihren Feldern weg. Nur der Spieler, auf dessen Land das Holzstück landet, läuft nicht weg und muss schnell mit dem Fuß auf das Holzstück treten und laut "Stopp" rufen. Alle Spieler müssen sofort stehenbleiben. Nun die entscheidende Spielsituation: Er wählt einen der Gegenspieler (z.B. der am nächsten positioniert ist) aus und versucht ihn mit dem Holzstück zu treffen. Gelingt dies, darf er ihm Feld (Land) stehlen, wenn nicht, darf ihm der nicht getroffene Spieler Land abnehmen. Zur Landabnahme stellt sich der Spieler an eine beliebige Stelle in seinem Feld und versucht so viel Feld wie möglich vom Gegenspieler abzutrennen indem er die Grenzen in einem Zug nachzeichnet. Er darf dabei aber seine Position nicht ändern. Die Grenzlinien werden im Sand entsprechend angepasst (z.B. gelöscht). Wird einem Spieler das gesamte Feld abgenommen, ist er ausgeschieden. Der feldstehelende Spieler ist dann an der Reihe, das Holzstück zu werfen.
Die Taktik im Spiel ergibt sich z.B. aus folgenden Aspekten: In das Feld welches Gegenspielers werfe ich das Holzstück? An welche Stelle im Feld werfe ich das Holzstück bzw. auf welche Art (höher Werfen = mehr Zeit wegzulaufen)? Ich kann beim Weglaufen riskieren, indem ich vor dem Wurf z.B. nur mehr mit einem Fuß in meinem Feld (Kreis) stehe. Welchen Gegenspieler versuche ich zu treffen?
Typ: Treffsicherheit, Konzentration
Personen: beliebig
Material: 3 Holzpfähle, 3 Kegel, mindestens 1 Holzkugel
Grundstellung:
Die 3 Holzpfähle werden hintereinander in einer geraden Linie in den Boden geschlagen (Abstand z.B. 1 m). Die Holzkegel werden dann auf die Pfähle gestellt. Vielfach sind sie mit einem kurzen, in den Pfahl eingeschlagenen Stift, leicht fixiert. Die Wurfdistanz kann nach Schwierigkeitsgrad bzw. Alter der Teilnehmer beliebig festgelegt werden.
Das Spiel:
Die Spielregeln sind beliebig: Anzahl Runden, Anzahl Wurf pro Runde, Wertigkeit der Kegel (z.B. 1-2-3 oder auch alle gleich).
Laut Erzählung soll es früher gelungen sein alle 3 Kegel in einem Wurf abzuräumen. Mehr als 2 Kegel in einem Wurf ist bei unserer Veranstaltung aber nicht gelungen.
Typ: Geschicklichkeit, Konzentration, Ausdauer
Personen: beliebig
Material: leere Flaschen, Ruten, Metallringe (etwas größer als die Flaschenöffnung), Schnur
Das Spiel:
Der Spieler versucht mittels der Angel (Rute, Schnur und angebundener Metallring) die Flaschen rauszufischen. Dazu muss es gelingen den Ring über die Flaschenöffnung gleiten zu lassen, dann kann die Flasche hochgezogen werden.
Abstand, Wertung und sonstige Regeln können beliebig festgelegt werden.